Vorwort

In jedem Anima Mundi Seminar führen wir eine archetypische Reise durch. Jede Reise ist in ihrer Art einzigartig, entsteht sie doch ganz aus dem Augenblick heraus, aus dem Ort und aus der Gruppe. Die nun folgende Niederschrift einer archetypischen Reise vermittelt deshalb einen Einblick in die Arbeit mit der Anima Mundi.

Sie werden bemerken, dass in der Imaginationsreise einige ungewöhnliche Satzkonstruktionen vorkommen. Ich habe den Wortlaut absichtlich beibehalten, um das Gewebe, das diese Reise gesponnen hat, nicht zu zerstören.

Anima Mundi Seminar am 10. Juni 2006 in London

Niederschrift der Imaginationsreise

Stell Dir vor, dass Du unter einem Baum sitzt. Du lehnst Dich an den Stamm an. Du nimmst Dir Zeit, Dir diesen Baum anzuschauen, ihn zu erspüren. Du nimmst seine Wurzeln wahr, seinen Stamm, die Zweige, die Blätter. Du spürst, wie der Baum aus der Erde Nährstoffe über die Wurzeln aufnimmt. Du spürst, wie die Lebenssäfte durch seinen Stamm in die kleinsten Zweige hinauf fließen. Du nimmst seinen Lebenspuls wahr. Du spürst, wie dieser Baum mit allem verbunden ist, was auf der Welt ist. Es ist, als ob es unsichtbare Äste oder Lichtfäden zu jedem Wesen der Erde gibt, dass der Baum mit all diesen Wesen verbunden ist und dass dieser uralte Lebenspuls durch den Baum hindurch geht zu jedem Wesen dieser Welt. Aber interessant ist, dass die Verbindung von den Wesen der Welt zu dem Baum des Lebens unterbrochen ist, sodass der Kreislauf nicht gewährleistet ist. Der Baum ernährt die Wesen, aber die Wesen der Welt ernähren nicht mehr den Baum. Dadurch ist der Kreislauf unterbrochen. Deshalb verliert der Baum immer mehr seine Kraft. All das spürst Du in diesem Augenblick, wo Du unter diesem Baum sitzt und Dich an seinem Stamm anlehnst.



Du fragst den Baum, was Du für ihn tun kannst gerade jetzt in diesem Moment. Der Baum zeigt Dir einen Weg, der zu seinen Wurzeln führt, zu den tiefsten Wurzeln seines Wesens. Du weißt, dass Du diesen Weg hinunter zu gehen hast, zu seinen tiefsten Wurzeln. Du stehst auf und machst Dich auf den Weg. In dem Moment, wo Du aufstehst spürst Du, dass Du nicht allein bist. Du siehst eine Elfe auf Dich zukommen. Sie übergibt Dir ein Schwert. Sie bindet Dir einen Gürtel um, in den Du dieses Schwert hineintun kannst. Du siehst, dass dieser Gürtel sehr alt ist. Er ist gewebt aus vielen unterschiedlichen Fäden unterschiedlicher Farbe. Er ist sehr schlicht und sehr wertvoll. Du weißt, dass er Dich schützen wird, weil in diesen Gürtel Magie eingewebt worden ist. Du siehst die Scheide des Schwertes. Du siehst, dass sie gebraucht ist. Dieses Schwert ist sehr alt und Du tust das Schwert mit Ehrfurcht in die Scheide hinein. An dem Griff des Schwertes ist ein Rubin. Und genau so ein Rubin befindet sich auf dem Ring, den Du ebenfalls von der Elfe erhältst. Diese beiden Rubine gehören zusammen, der in dem Schwert und der in dem Ring wie Zwillinge/ wie Dinge, die sich ergänzen. Du steckst Dir den Ring an den Finger. Du verbeugst Dich vor der Elfe.



Die Elfe fordert Dich auf, ihr das Schwert zu geben. Du gibst ihr das Schwert. Du kniest vor ihr nieder. Die Elfe legt das Schwert auf Deinen Kopf. Und Du spürst den alten Schwur, der sich dahinter verbirgt, dem Lebensbaum/ diesem Prinzip zu dienen. Du bist bereit, diesen Schwur zu erneuern, in diesem Moment. Und dass tust Du mit Deinen eigenen Worten, in Deiner eigenen Weise. Damit ist der Schwur erneuert. Die Elfe gibt Dir das Schwert zurück. In dem Moment, wo Eure Hände sich berühren/ in dem Moment, wo Ihr Euch das Schwert übergebt, ist es, als ob eine Flamme auf dem Schwert zu sehen ist/ eine Schlange, die sich die Klinge hochwindet. Damit tust Du das Schwert wieder in die Scheide hinein.



Ihr geht gemeinsam zu der Wurzel des Baumes. Die Elfe öffnet Dir den Weg, sodass Du in das Erdreich hineingehen kannst. Du betrittst die Erde und gehst immer tiefer in die Erde hinein. Der Gang wird immer enger, immer schmaler. Du spürst, dass dieser Weg lange nicht mehr gegangen wurde. Du gehst sehr, sehr tief in die Erde hinein. Es ist, als ob die Wurzeln bis in die Erdmitte reichen. Und genau dort befindet sich eine Höhle. Du gehst in diese Höhle hinein. Dir kommt ein Schamane entgegen. Er lädt Dich ein, am Feuer zu sitzen. Er fragt Dich, warum Du gekommen bist und Du erzählst ihm Deine Geschichte. Du fragst den Schamanen, ob er Dir helfen kann. Er nickt und er sagt, der Baum des Lebens muss neu geboren werden. Er muss aus dem Feuer, um das Ihr herum sitzt, neu geboren werden. Er muss aus dem Feuer der Erde geboren werden, aus den Tränen der Menschen und den Tränen der Wesen der Welt, aus der Sehnsucht heraus, diese alte Verbindung zu erneuern. Dazu ist es wichtig, dass die Elemente der Welt zusammen kommen. Also die Erde, die Luft, das Wasser, das Feuer, das Holz. Du siehst, wie der Schamane beginnt, das Feuer zu schüren, neues Holz aufzulegen. Er bittet Dich, Wasser und Erde bereit zu stellen.



Als dies alles zusammenkommt, beginnt der Schamane zu singen. Er bittet Dich mitzusingen, um all die Wesen der Welt zu rufen. All die Wesen, die bereit sind an diesem Prozess teilzunehmen oder die in der Sehnsucht leben, diese alte Verbindung zum Baum des Lebens zu erneuern. Ihr beginnt zu singen. Es ist wie ein Rufen. Die alten Wesen der Welt werden gerufen. Und auch bei diesem Ruf ist die Sehnsucht zu spüren, die Sehnsucht nach dieser Zusammenkunft, um etwas Neues zu gebären. Der Gesang/ das Rufen ist beendet und nun könnt Ihr nur warten.



Es ist ein Raunen zu hören, ein Wehen zu spüren, dass aus allen Richtungen kommt. Wie ein Wind, der von allen Seiten ganz sanft diesen Ort erreicht. Nach und nach siehst Du, wie aus den Gängen der Höhle Wesen in die Höhle hineinkommen. Aus den alten Völkern. Es ist ein Erkennen nach alter Zeit. Ihr setzt Euch zusammen in einem großen Kreis um das Feuer herum. Aus jedem dieser alten Völker (der Zwerge, der Feen, der Elfen, der Menschen.) kommen die weisen Männer und Frauen zusammen. Sie kommen im Kreis zusammen, um dort eine Zeremonie zu feiern. Du siehst, wie sie in dieser Zeremonie die fünf Elemente zusammenbringen. Sie tun es zusammen, Hand in Hand, alle gleichberechtigt. Du siehst, wie aus dem Feuer eine kleine Flamme aufsteigt. Sie ist ganz anders als das Feuer in der Mitte. Es ist wie ein Wassertropfen, es ist wie eine Flamme, es ist wie der Sonnenschein, wie der Wind. Und es ist nur eine kleine Flamme.



Und jetzt hast Du die Flamme in Deiner Hand. Du siehst, dass die anderen auch diese Flamme in der Hand halten. Du siehst, welches Potenzial diese Flamme in sich vereinigt. Es ist wieder so, als ob es ein Wassertropfen wäre und gleichzeitig eine Flamme. Diese Flamme/ dieser Wassertropfen ist ein Samen des Lebensbaums, mit dem sich der Baum des Lebens selbst erneuern kann. Sein Potential besteht darin, dass durch das Ritual, was stattgefunden hat, durch die Wesen, die zusammengekommen sind, die alten Völker, die sich an die Verbindung erinnern, der Kreislauf zwischen dem Baum des Lebens und den Wesen der Welt neu erstehen kann. Deshalb wirst Du gebeten wie auch alle anderen, diese Flamme/ diesen Wassertropfen/ diesen Samen mitzunehmen und den Baum des Lebens damit zu nähren.



Du gehst mit allen Wesen, die dort zusammengekommen sind, zu dem Lebensbaum zurück. Du erreichst die Erdoberfläche. Die Elfe verschließt wieder den Zugang zu der Erde. Gemeinsam geht Ihr zum Baum. Du kniest vor dem Baum des Lebens. Dort, an der Wurzel des Baumes, gibst Du diese Flamme/ diesen Tropfen/ diesen Samen dem Baum zurück. Dieser Tropfen/ dieser Samen dringt in den Baum des Lebens ein. Du nimmst wahr, dass sich ganz langsam etwas ausbreitet. Du spürst, wie der Baum Dir erlaubt, Dich an ihn lehnend niederzusetzen. Du spürst nun wieder den Baum des Lebens, Du spürst seine Lebenssäfte aufsteigen. Du spürst, dass wie eine Note dazugekommen ist, etwas ist anders. Es gibt wie ein Schmunzeln zwischen Euch, ein neues Vertrautsein. Diese andere Note schwingt über den Baum hinaus in die Verbindung, die der Baum zu den Wesen der Welt hat. Alles, was Du tun kannst, ist, diese andere Note in Deinem Leben zu bezeugen, weil Du um diese neue Verbindung/ um diese Flamme/ um diesen Samen weißt, der jetzt in dem Baum des Lebens ruht. Alles, was Du tun kannst, ist, das in Deinem alltäglichen Leben immer wieder zu sehen. Deshalb bist Du bei dieser Zeremonie dabei gewesen, um das zu bezeugen.



Du weißt, dass Du Dich jetzt von dem Baum des Lebens verabschieden und in das Zelt zurückkehren wirst. Du verabschiedest Dich auf Deine eigene Weise und kommst dann wieder hierher zurück.